Der Wohnungsbau in Baden-Württemberg bricht ein. Die Baubranche schlägt Alarm.
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Was tun gegen den Einbruch beim Wohnungsbau

Genehmigung und Bau von Wohnungen nehmen ab. So sehr, dass eine Initiative der Baubranche zur Demonstration nach Stuttgart kam. Nun diskutiert die Politik, wie sie die Branche unterstützen kann.

Ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist schon seit einigen Jahren ein drängendes Problem in großen Teilen Deutschlands. Die baden-württembergischen Kommunen haben mehrheitlich wachsende Zahlen an Einwohnerinnen und Einwohnern und sind damit im Besonderen davon betroffen.

Schaffung neuen Wohnraums ist für die Politik wichtiges Ziel

Die Schaffung neuen Wohnraums – ob im Innenbereich oder auf der grünen Wiese, ob Neubau oder Sanierung – ist deshalb in den Städten und Gemeinden ein wichtiges Ziel. Auch die Bundesregierung hatte sich mit dem Koalitionsvertrag 2021 das Ziel gesetzt für den Bau von 400.000 Wohnungen pro Jahr zu sorgen.

Initiative "Impulse für den Wohnungsbau" demonstriert in Stuttgart

Während dieses Ziel auch in den letzten Jahren schon nicht erreicht werden konnte, mahnen Vertreter der Bauwirtschaft, die Situation drohe sich zu verschlechtern. Sie hat am letzten Freitag in Stuttgart zum Aktionstag „Lasst uns wieder Wohnungen bauen“ aufgerufen, um auf die Herausforderungen aufmerksam zu machen. Insgesamt kamen16 Organisationen aus der Branche als Initiative „Impulse für den Wohnungsbau“ zusammen, um gemeinsam zu demonstrieren.

Rückgang bei Genehmigungen und Baufreigabe

Die Genehmigungen von Neubauten sind schon im letzten Jahr eingebrochen – laut Statistischem Landesamt wurden 9.200 Wohnhäuser und 2.750 Nichtwohngebäude genehmigt. Das sind insgesamt gut 6.400 Gebäude oder 35 Prozent weniger als noch im Jahr 2022. Die Zahl der zum Bau freigegebenen Wohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern sank von knapp 42.000 im Jahr 2022 auf gut 28.600 im Jahr 2023 – damit um fast ein Drittel.

Was fordert die Baubranche?

Einen Grund sehen Expertinnen und Experten aus der Baubranche in den gestiegenen Kosten für den Wohnungsbau. Immer weniger Menschen seien bereit die Kosten auf sich zu nehmen. Der Auftragseingang scheine weiter abzunehmen, was zu mehr Insolvenzen in der Branche führen könnte, warnen sie. Forderungen stellen sie gegenüber der Politik: Die Grunderwerbsteuer solle ausgesetzt, bessere Fördermittel geschaffen und die Bürokratie abgebaut werden.

Nicole Razavi: Landesbauordnung noch in diesem Jahr beschließen

Nicole Razavi sagt der Deutschen Presseagentur, sie könne sich zum Beispiel vorstellen, für Familien, die ihre erste eigenen Wohnung kaufen, auf die Grunderwerbsteuer zu verzichten. Dies sei allerdings nur machbar, wenn das Bundesfinanzministerium eine flexible Senkung der Steuer ermögliche. Zudem verweist sie auf die Reform der Landesbauordnung, die noch in diesem Jahr beschlossen werden soll.

Nicole Razavi über den Wohnungsbau in Baden-Württemberg
Nicole Razavi ist Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen Baden-Württemberg (c)Lena Lux 

Cindy Holmberg: Digitalisierung und Bürokratieabbau sollen der Baubranche helfen

Die Grünen Landtagsabgeordnete Cindy Holmberg hebt die Fortschritte Baden-Württembergs bei der Digitalisierung und dem Bürokratieabbau im Bausektor hervor. Die Einführung des digitalen Bauantrags und die Bereitstellung von Mitteln für E-Government-Koordinatoren seien wichtige Schritte zur Steigerung der Effizienz. Diese Maßnahmen verkürzten nicht nur die Verfahrensdauer, sondern erhöhten auch die Transparenz und verbessern die Arbeit in der Verwaltung. Holmberg betont, dass insbesondere in Zeiten hoher Materialkosten und steigender Zinsen die Digitalisierung eine Schlüsselrolle spielt. Zudem fordert sie von der CDU, die Blockade des Wachstumschancengesetzes im Bundesrat zu beenden. Das Gesetz greife einige Forderungen der Baubranche auf – so etwa eine degressive Abschreibung für Immobilien-Investoren. Auch eine KfW-Förderung sei nötig, um den Wohnungsbau anzukurbeln, sagt Holmberg.

Cindy Holmberg über fehlende Wohnungen in Baden-Württemberg
Cindy Holmberg ist Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Baden-Württemberg und Sprecherin für Bauen und Wohnen (c)Lena Lux
Klaus Ranger über sozialen Wohnungsbau in Baden-Württemberg
Klaus Ranger ist baupolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion

Klaus Ranger: Am dringendsten ist der soziale Wohnungsbau

„Mit deutlich mehr sozialem Wohnungsbau wäre der Branche gedient – und dazu etwas gegen die dramatische Wohnungsnot im Land getan“, sagt Klaus Ranger, baupolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion. „Im Südwesten fehlt eine ganze Großstadt an Sozialwohnungen. Sie zu bauen, wäre auch eine echte Konjunkturspritze.“ Baden-Württemberg solle investieren, statt zu sparen. Auch das Baurecht müsse vereinfacht werden, so Ranger. Die Novelle der Landesbauordnung lasse zu lange auf sich warten.

Friedrich Haag: Kritik an der Blockade des Wachstumschancengesetzes

„Das Krisengespräch zwischen der Ministerin und der Bauwirtschaft endete ergebnislos“, kritisiert Friedrich Haag, wohnungspolitischer Sprecher der FDP/DVP-Fraktion. „Die Baugenehmigungen brechen derzeit weiterhin ein, Stornierungen am Bau nehmen zu.“ Er fordert die Senkung der Grunderwerbssteuer, die Vereinfachung seriellen Bauens und die Vorlage der entbürokratisieren Landesbauordnung. Auch er kritisiert die Blockade des Wachstumschancengesetzes durch die CDU im Bundesrat.

Friedrich Haag kritisiert die Blockade des Wachstumschancengesetzes durch die CDU im Bundestag
Friedrich Haag ist wohnungspolitischer Sprecher der FDP/DVP-Fraktion im Landtag Baden-Württemberg