Für den Klimaschutz in Graben-Neudorf ist der Klimaschutzbeauftragte Stefan Stängle verantwortlich
© Gemeinde Graben-Neudorf

Klimaschutzbeauftragte: Im Dienst für den kommunalen Klimaschutz

28. August 2023
Die Kommunen müssen bis 2040 klimaneutral sein. Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung kommt dem Personal für das Klimaschutzmanagement zu. Die Fachleute in den Gemeinden stellen die Weichen und bringen wichtige Projekte voran. Wir haben den Klimaschutzbeauftragten der Gemeinde Graben-Neudorf Stefan Stängle gefragt, wie er bei seiner Arbeit vorgeht.

Interview mit dem Klimaschutzbeauftragten der Gemeinde Graben-Neudorf, Stefan Stängle

die:gemeinde: Welche Klimaschutzaktivitäten gibt es in Ihrer Kommune?

Stefan Stängle: Der Gemeinderat von Graben-Neudorf hat im Sommer 2022 das Ziel der bilanziellen Klimaneutralität bis 2035 verabschiedet. Derzeit bauen wir die Photovoltaik auf Dächern und Freiflächen aus und planen ein Wärmenetz, um die Wärmeversorgung im Ort zu dekarbonisieren. Dabei spielt das Tiefengeothermie-Projekt der Deutschen Erdwärme auf Graben-Neudorfer Gemarkung eine entscheidende Rolle als potenzieller Wärmelieferant. Auch der Umbau der Mobilität steht bei uns ganz oben auf der Tagesordnung: Unter anderem mit dem Ausbau der öffentlichen Ladesäulen für E-Mobilität, mehr Carsharing und einer besseren Radinfrastruktur. Um die Aktivitäten systematisch voranzutreiben, streben wir zudem eine Zertifizierung mit dem European Energy Award an.

Stefan Stängle über seine Arbeit als Klimaschutzbeauftragte
Stefan Stängle ist Klimaschutzbeauftragter der Gemeinde Graben-Neudorf

Ein Förderprogramm unserer Gemeinde bietet der Bürgerschaft eine finanzielle Unterstützung unter anderem für Maßnahmen zur regenerativen Stromerzeugung, für nachhaltige Mobilität und zur Begrünung. Ein weiteres wichtiges Themenfeld ist die Klimafolgenanpassung. Im Gemeindewald laufen schon Versuche mit Bewässerungssystemen und dem Einsatz von Pflanzenkohle. Sie sollen den frisch gepflanzten Bäumen helfen, auch in Trockenjahren anwachsen zu können.

die:gemeinde: Was ist Ihre Aufgabe? Wie kamen Sie zu Ihrem Job?

Stefan Stängle: Damit Gemeindeverwaltungen die vielen zusätzlichen Aufgaben auch bewältigen können, werden Personen gebraucht, die sich voll und ganz dem Thema widmen: Klimaschutzbeauftragte. Meine Rolle ist die eines Initiators und Koordinators der kommunalen Klimaschutzaktivitäten und die eines Ansprechpartners für die Bevölkerung und Firmen vor Ort.

E-Carsharing in Graben-Neudorf

Die Folgen des Klimawandels habe ich als Forstwissenschaftler in meiner Zeit an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg selbst beobachtet. Ich wollte diese Entwicklung nicht mehr nur beobachten und auf die Folgen reagieren, sondern aktiv dazu beitragen, dass wir schnellstmöglich klimaneutral werden. Eine gute Vorbereitung war der berufsbegleitende Kurs „Kommunales Energie- und Klimaschutzmanagement“. Unterstützung bieten auch die Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe und die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg.

die:gemeinde: Was sind die Highlights Ihrer Arbeit? Und welche Hemmnisse erleben Sie?

Stefan Stängle: Ich habe regelmäßig direkten Kontakt zu Bürgerinnen und Bürgern – das macht mir viel Spaß. Eine Graben-Neudorfer Besonderheit ist zudem, dass alle drei Fraktionen des Gemeinderats geschlossen hinter den Klimaschutzzielen und meiner Arbeit stehen. Daher erhalte ich vom Bürgermeister und dem Gemeinderat jederzeit volle Unterstützung.

Photovoltaik in Graben-Neudorf

Große Herausforderungen in meiner Arbeit sind die langen Bearbeitungszeiten von Fördermittelanträgen bei Land und Bund und die strengen Vorgaben im Vergabewesen. Auf viele unserer Ausschreibungen erhalten wir keine Angebote, da der Prozess den Unternehmen zu aufwändig ist. Hier braucht es mehr Flexibilität.

die:gemeinde: Ist in Ihrer Kommune seit dem Krieg gegen die Ukraine das Interesse am Klimaschutz gestiegen?

Stefan Stängle: Definitiv ja. Die unklare Versorgungslage und hohe Erdgaspreise haben sowohl bei Industrie und Gewerbe als auch bei Privatpersonen das Interesse an einer preisstabilen klimaneutralen Wärme gestärkt. Die Diskussion über die hohen Strompreise hat meines Erachtens auch zu einem gestiegenen Interesse an Photovoltaikanlagen mit Speichern geführt. 

die:gemeinde: Wie klappt die ämterübergreifende Zusammenarbeit und was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Stefan Stängle: Viele der beschlossenen Maßnahmen aus unserem Energieplan und dem energiepolitischen Arbeitsprogramm betreffen andere Ämter. Zum Glück ist die Größe unserer Verwaltung überschaubar und ein persönlicher Austausch jederzeit möglich. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass Graben-Neudorf die Klimaneutralität in zwölf Jahren erreicht und auch dadurch seine hohe Lebensqualität und Attraktivität als Wirtschaftsstandort erhält. 

So lässt sich Personal für den Klimaschutz fördern