Jugendbeteiligung in Gundelfingen
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Jugendbeteiligung: „Gundelfingen stärkt unsere Selbstwirksamkeit“

15. September 2023
Informieren und engagieren – das stand im Vordergrund eines Workshops der Initiative „ErsteWahlBW“ in Gundelfingen. Wie der Workshop abgelaufen ist und was er selbst davon mitnehmen konnte, berichtet unser Gastautor Moritz Roth.

Vor der Kommunalwahl 2019 nahmen 20 Jung- und Erstwählerinnen und -wähler die Gelegenheit wahr, sich in Gundelfingen über die Wahl, kommunale Aufgaben aber auch die Kandidatinnen und Kandidaten zu informieren. Eingeladen dazu haben Bürgermeister Raphael Walz und der Leiter des Jugendzentrums der Gemeinde, Filipe Fraga Sousa. „Es ging darum, eine aktive Partizipation der Jugendlichen am politischen Leben zu fördern. Sie sollen angeregt werden, sich selbst als einen zentralen Bestandteil der politischen Gemeinde zu begreifen. Wir wollten Jugendliche dabei befähigen, eigene Themenschwerpunkte zu setzen und diese im Spektrum der Kandidatinnen und Kandidaten zu verorten“, so Raphael Walz, der aktiv bei dem Workshop mitgearbeitet hat. Diese aktive Partizipation wurde bereits im Workshop gelebt, da dieser von Anfang an auf Dialog mit dem Bürgermeister und zwischen den Jugendlichen setzte. 

Moritz Roth über die Jugendbeteiligung in Gundelfingen
Moritz Roth ist Erstwähler und Bogi-Praktikant bei der Durchführung des Workshops.

„Der Workshop setzte an der Lebenswelt der Jugendlichen an. Er zeigte im Dialog auf, die eigene Kommune als politischen Raum wahrzunehmen und sich in ihrer politischen Lebenswirklichkeit orientieren zu können“, so Jakob Crone, der den Workshop leitete. Er gehört zu einem Team von rund zehn Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die gemeinsam mit dem Kommunalberater Udo Wenzl ein Workshopformat entwickelt haben, das die reale Lebenswelt der Jugendlichen und kommunales Handeln besonders in den Blick nimmt. 

1. Block des Workshops

Thematisch fand der Workshop in drei Blöcken statt. Im ersten Block ging es um die Rolle des Einzelnen in der Gemeinde: Welche Berührungspunkte habe ich mit meiner Gemeinde? Fühle ich mich politisch ernst genommen? Gemeinsam in einer soziometrischen Aufstellung mit einer Skalierung zwischen 1 (ganz schlecht) und 10 (super gut) positionierten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu ihrem Lebensgefühl in der Gemeinde. In kurzen Interviewsequenzen begründen die Jugendlichen ihre Positionierung und so kommt es unkompliziert zu einem ersten Austausch. 

2. Block des Workshops

Im zweiten Block ging es darum, die Gemeinde und ihre Aufgaben kennenzulernen: Welche Themen sind für die Kommunen besonders wichtig und woran wird konkret gearbeitet? In einem „Bilderdialog“ wurden die Aufgaben der Gemeinde veranschaulicht. Bürgermeister Raphael Walz erläuterte hierbei unter anderem, was gerade in Gundelfingen konkret geschieht und was der Gemeinderat in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht hat. Malte Lippok, aktiv im Jugendgremium der Gemeinde, berichtete, an welchen Themen Jugendliche, Gemeinderätinnen und -räte, Jugendreferent und Bürgermeister im Jugendgremium gemeinsam arbeiten. 

Auf dem Workshop für mehr Jugendbeteiligung

Über die Frage, an welchen Anliegen und Themen sie gerne arbeiten möchten, bildeten sich unterschiedliche Themengruppen, die am Ende des Workshops ihre Ergebnisse vortrugen. Sie dachten über Entwicklungsideen nach und formulierten Verbesserungsvorschläge. Treffpunktmöglichkeiten, öffentlicher Personennahverkehr, Sicherheit und Ordnung, Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie die Jugendbeteiligung waren die Themen, die den Jugendlichen besonders am Herzen lagen. Es war eine intensive Kleingruppenarbeit, die dazu geführt hat, sich eingehend mit einem Thema zu beschäftigen.

3. Block des Workshops

Der letzte Block im Workshop widmete sich der Verantwortung und Selbstwirksamkeit der Jugendlichen: Wieso ist meine Stimme wichtig? Welche Kandidatinnen und Kandidaten vertreten mir wichtige Positionen? Wie kann ich mich persönlich in meiner Gemeinde engagieren? Wie wähle ich? Das Kommunalwahlverfahren, bis hin zu Kumulieren und Panaschieren wurde erklärt. Neben der Gemeinderatswahl wurde gleichzeitig die Kreistagswahl besprochen. Jugendgemäß gestaltete Postkarten wurden verteilt und sollten an den Wahlsonntag erinnern. Freitagnachmittag ist Wochenmarkt in Gundelfingen. Ein willkommener Ort, als Kandidatin oder Kandidat, um für sich, seine Liste beziehungsweise seine Partei zu werben. Und so endete dann auch der rund dreistündige Workshop: mit einem Besuch der Workshop-Gruppe auf dem Gundelfinger Wochenmarkt, bei dem direkte Gespräche mit den Kandidatinnen und Kandidaten gesucht wurden. 

Weitere Formen von Jugendbeteiligung in Gundelfingen

Gundelfingen hat sich schon vor diesem Workshop intensiv mit der Jugendbeteiligung auf den Weg gemacht. Im Pilotprojekt „Schule und kommunale Jugendbeteiligung“ der Landeszentrale für politische Bildung und dem Regierungspräsidium Freiburg sowie mit finanzieller Unterstützung durch das Programm „Beteiligung vor Ort“ des Deutschen Kinderhilfswerks wurde ein mit den Schulen und der Offenen Jugendarbeit vernetztes Modell der verlässlichen Umsetzung von Paragraf 41a der Gemeindeordnung entwickelt. „Wenn Jugendliche aktiv an der Gestaltung ihrer Lebenswelt beteiligt sind, verändert sich auch der Blick für das Wählen und für die Kommunalwahl“, so die Erfahrung von Filipe Fraga Sousa. 

Jugendbeteiligung in Gundelfingen

Kommunalpolitik ist im baden-württembergischen Bildungsplan in Klasse 8 zu finden. In allen Empfehlungen und in der vom Kultusministerium entwickelten Leitlinie Demokratiebildung haben Lebenswelt- und Handlungsorientierung einen hohen Stellenwert. Der Gundelfinger Workshop zeigt, dass eine Vernetzung der unterrichtlichen Gemeinschaftskunde und dem realen Leben in der Gemeinde positive Wirkung auf das politische Interesse haben kann. Es lohnt sich, einen solchen vernetzten Weg zwischen Jugendarbeit, Schulen, Kommunalverwaltung und den politisch Verantwortlichen einer Gemeinde zu gehen.

Das Wissen über die Aufgabe der Kommune, die erarbeiteten Themen und das Gefühl, zu verstehen, warum Wählen wichtig für die Gestaltung und Entwicklung öffentlicher Räume ist, führt dazu, dass man sich intensiver mit den Menschen, die für den Gemeinderat zur Wahl stehen, beschäftigt. Gerade auch, dass der Bürgermeister sich die Zeit genommen hat, uns Kommunalpolitik zu erklären, führte mit dazu, dass ich mich als junger Bürger ernst- und wahrgenommen fühle.  

Landesweite Workshopangebote für lokale Veranstaltungen im Vorfeld der Kommunalwahl 2024 der Initiative ErsteWahlBW
Hinter der Initiative ErsteWahlBW stehen Menschen aus Baden-Württemberg, die sich für ein demokratisches Miteinander einsetzen – und viel Erfahrung in kommunalen Dialogprozessen mitbringen. Sie arbeitet unter dem Dach des Instituts für angewandte Sozialwissenschaften Stuttgart und in Kooperation mit dem Gemeindetag Baden-Württemberg und der Landeszentrale für politische Bildung.
Mit einem landesweiten Workshopangebot, das jeweils lokal vor Ort durchgeführt wird, werden attraktive Formate angeboten, die im Vorfeld der Kommunalwahl 2024 eingesetzt werden können.
Weitere Informationen zum Angebot erhalten Sie auf www.erste-wahl-bw.de.