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Entlastungsallianz präsentiert erstes Maßnahmenbündel

Land, Kommunen und die Wirtschaft können erste konkrete Ergebnisse der im vergangenen Jahr gegründeten Entlastungsallianz vorweisen. Am Freitag haben sie 20 Maßnahmen präsentiert, die spürbare Erleichterungen bringen sollen.

Das im letzten Juli von Ministerpräsident Kretschmann zusammen mit Vertretern der Kommunen und der Wirtschaft ins Leben gerufene Bündnis für Bürokratieabbau, die Entlastungsallianz, hat am Freitag ihr erstes Maßnahmenpaket vorgestellt. Das „Entlastungspaket I“ sieht beispielsweise vor, dass alle Schriftformerfordernisse für Nutzer von OZG-Dienstleistungen über das Portal Service-BW abgeschafft werden, was allen Bürgern und der Wirtschaft zugutekommt. In der Arbeitsgruppe „Verwaltungsorganisation“, geleitet vom Innenministerium, wurde zudem beschlossen, dass in allen anderen Rechtsvorschriften bestehende Schriftformerfordernisse, wo immer möglich, durch eine einfache Textform ersetzt werden sollen. Anstelle eines offiziellen Dokuments mit Unterschrift reicht somit eine einfache E-Mail.

In der Arbeitsgruppe „Unternehmen“, unter der Leitung des Wirtschaftsministeriums, wurde unter anderem eine Vereinfachung bei den sogenannten Vergabe-Wertgrenzen für öffentliche Aufträge erreicht. So können beispielsweise Liefer- und Dienstleistungsaufträge von Land und Kommunen bis zu dem von der EU festgelegten Schwellenwert von 221.000 Euro durch eine beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden; für kommunale Bauleistungen gilt nun eine Wertgrenze von einer Million Euro. Durch diese deutliche Anhebung der Wertgrenzen werden jährlich bis zu 5.000 Verfahren erheblich vereinfacht und beschleunigt, wovon etwa ein Drittel der kommunalen Vergaben profitiert. Auch die Vergabestellen der Landeseinrichtungen erfahren eine signifikante Entlastung. Die Angebotserstellung für Unternehmen wird durch gestraffte Verfahren erleichtert.

Kommunales Haushaltsrecht vereinfacht

Weitere Erleichterungen für Kommunen sind im kommunalen Haushaltsrecht vorgesehen: So soll der Gesamtabschluss vereinfacht oder alternativ der Beteiligungsbericht um eine vereinfachte Darstellung der gesamten Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage des Kernhaushalts und seiner Tochtergesellschaften erweitert werden. Indem den Kommunen die Wahl zwischen Gesamtabschluss und erweitertem Beteiligungsbericht gegeben wird, reduziert sich der Aufwand erheblich, insbesondere da weniger kostspielige externe Buchprüfungen erforderlich sind.

Im Bildungsbereich hat die zuständige Arbeitsgruppe unter Leitung des Kultusministeriums eine Reform des Schulgesetzes angestoßen. Dadurch wird es der Schulverwaltung ermöglicht, im Auftrag der Schulen Aufgaben der Datenverarbeitung zu übernehmen, sodass nicht jede Schule individuelle Verträge über die Auftragsdatenverarbeitung abschließen muss. Durch die Zusammenführung ähnlicher Aufgaben am Kultusministerium wird zudem eine mehrfache Überprüfung desselben Vertrags vermieden, was die Schulen erheblich von Verwaltungsaufgaben entlastet, insbesondere bei der Nutzung landesweit bereitgestellter Systeme wie der Digitalen Bildungsplattform.

Verbände: Entlastungsallianz kann Ergebnisse liefern

Ministerpräsident Winfried Kretschmann äußerte sich nach dem Treffen des Steuerungsgremiums des Bündnisses am Freitag positiv: „Die Menschen erwarten Lösungen, um das Dickicht an verflochtenen Regelungen und Verfahren zu lichten. Ich freue mich, dass das Format der Entlastungsallianz bereits nach wenigen Wochen Arbeit Erfolge vorweisen kann. Land, Kommunen und Wirtschaft können zusammen viel erreichen und gemeinsam ungenutzte Potentiale des Bürokratieabbaus erschließen. Schon mit den ersten Ergebnissen setzen wir Ressourcen frei, die unmittelbar der Zukunftsfähigkeit des Standorts zugutekommen.“

Der stellvertretende Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl fügte hinzu: „In Baden-Württemberg wollen wir einen starken und gleichzeitig einen schlanken Staat. Unser Ansatz ist daher: Neugierde und Freiräume statt Bürokratie und Bedenken. Genau hier setzen wir mit unserer Entlastungsallianz an“, so Strobl. Man sorge damit für einen großen Bürokratieabbau und entlasten die Menschen, die Wirtschaft und den Staat. Wir denken von den Bürgerinnen und Bürgern her und verschlanken die Verwaltung.“

Für die acht beteiligten Verbände erklärten die Vorsitzenden Steffen Jäger (Gemeindetag BW), Dr. Frank Mentrup (Städtetag BW), Joachim Walter (Landkreistag BW), Christian O. Erbe (Baden-Württembergischer Industrie- und Handelskammertag), Rainer Reichhold (Handwerk BW), Dr.-Ing. Rainer Dulger (Unternehmer BW), Peter Schneider (Sparkassenverband BW) und Dr. Ulrich Theileis (Genossenschaftsverband BW) gemeinsam: „Das erste Entlastungspaket liegt nun auf dem Tisch. Das ist wichtig, denn damit wird klar, die Entlastungsallianz kann Ergebnisse liefern. Der Start ist damit gelungen.“

Von den „Low Hanging Fruits“ zu dickeren Brettern

Jetzt gelte es, dass die geeinten Maßnahmen schnell und zielgerichtet vom Land umgesetzt werden, um die angestrebte Entlastungswirkung für die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen und Betriebe und auch die Verwaltungen erlebbar zu machen, so die Verbandspitzen weiter. „Gleichzeitig müssen wir uns bewusstmachen: Mit diesem ersten Maßnahmenpaket wurden niedrighängende Früchte geerntet. Wenn wir unserem Anspruch gerecht werden wollen, auch Aufgaben und Standards zu überprüfen und anzupassen, muss sich die Entlastungsallianz nun auch an die dickeren Bretter heranwagen. Das ist unsere klare Erwartungshaltung für die nächsten Wochen und für ein Entlastungspaket II.“

Es sind weitere Maßnahmenbündel geplant. Dabei konzentrieren sich die Beteiligten zunächst auf Landesvorschriften. Bei Einigkeit aller Akteure sollen jedoch auch Änderungsvorschläge an Bund und EU gerichtet werden, um auch auf diesen Ebenen Verbesserungen anzustoßen.