Das Landesprogramm MOVERS soll Elterntaxis bekämpfen
© Lukas Breusch/Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Den Elterntaxis den Kampf angesagt

Kurz bevor die Glocke zur ersten Stunde läutet, sind die Straßen vor einigen Schulzentren verstopft. Es wird gehupt,in zweiter und dritter Reihe geparkt. Der Slalom rund um die parkenden Autos kann für Schülerinnen und Schüler genauso gefährlich sein wie der Schulweg an sich.

Einen Modellversuch, Eltern und Kinder davon zu überzeugen, dass der Schulweg auch ohne einen Pkw möglich ist, gab es im Jahr 2021 in Althengstett. Unterstützt durch das Kompetenznetz Klima Mobil. Hier wurde die Schulstraße zwei Wochen lang für den Pkw-Verkehr gesperrt und stattdessen für Veranstaltungen der Schule genutzt. Schülerinnen und Schüler konnten sich auf der Straße frei bewegen. „In Althengstett wird ein Gesamtkonzept erarbeitet, das Klimaschutz im Verkehr berücksichtigt und eine Verlagerung des Verkehrs auf klimafreundliche Alternativen erreichen soll“, sagte auch Bürgermeister Clemens Götz. Der Erfolg der Aktionswochen sei schwer zu messen, eindeutig habe er aber ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass es für Kinder auch andere Möglichkeiten gibt, zur Schule zu kommen als mit den Eltern im Pkw. 

MOVERS soll Elterntaxis verhindern
(c)Lukas Breusch/Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Das Programm "MOVERS" motiviert zu eigenständigen Schulwegen

Seit Oktober 2022 soll das Landesprogramm „MOVERS – Aktiv zur Schule“ die Städte und Gemeinden bei ihren Bemühungen unterstützen. Das ressortübergreifende Programm wurde unter Federführung des Ministeriums für Verkehr gemeinsam mit dem Kultusministerium und dem Innenministerium konzipiert. Auf Landesebene wird es von der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) koordiniert. Durch MOVERS werden verschiedene Bausteine, die zum Radfahren motivieren sollen, unter einem Dach gebündelt. Die Teilnahme am Programm beginnt mit einer Beratung vor Ort, an der die Schule und die Kommune teilnehmen. Gemeinsam werden Lösungsansätze besprochen, Bausteine des Programms ausgewählt und ein Zeitplan erstellt. Die Beraterinnen und Berater von MOVERS unterstützen Kommunen und Schulen nachfolgend bei der Umsetzung der Bausteine. Aktuell gibt es vier Bausteine mit Infrastruktur-Fokus und vier mit Aktions-Fokus. Weitere Bausteine werden derzeit über- und erarbeitet.

Elterntaxis durch sichere Schulwege unnötig machen
(c)Lukas Breusch/Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Infrastruktur-Bausteine:

  1. Bike-Pools

    Über Kooperationen mit ortsansässigen Einzelhändlern werden den Schülerinnen und Schülern im Rahmen des Unterrichts Mountainbikes zur Verfügung gestellt, mit denen sie üben können, um sicherer im Straßenverkehr zu werden. Das Projekt ist in ein radsportpädagogisches Gesamtkonzept eingebunden. 
  2. Fahrradstellplätze

    Damit Schülerinnen und Schüler ihre Fahrräder sicher abstellen können, können die Städte und Gemeinden eine Förderung für Fahrradstellplätze über das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) beantragen. 
  3. Radservice-Punkte

    Ein RadService-Punkt der Initiative RadKULTUR, an dem man kleinere Reparaturen vornehmen und Reifen aufpumpen kann auf dem Schulhof, kann das Radfahren für Schülerinnen und Schüler attraktiver machen.
  4. Infrastrukturausbau Rad- und Fußwege

    Beraterinnen und Berater können Maßnahmen empfehlen, die Rad- und Fußwege sicherer machen. Geh- und Radwege, Querungen, Schilder, Beleuchtungen oder Sitzgelegenheiten können dabei über das LGVFG gefördert werden. 

Einführung des Landesprogramms MOVERS, das Elterntaxis minimieren soll
(c)Lukas Breusch/Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Aktions-Bausteine:

  1. Schulwegeplaner-BW

    Der Schulwegeplaner soll dazu beitragen, die Bedarfe von Schülerinnen und Schülern in den Schulwegplan aufnehmen zu können. Es handelt sich um ein Web-Tool, über das sie ihre Wege aufzeichnen und Probleme markieren können. 
  2. Auszeichnung „Fahrradfreundliche Schule“

    Schulen können sich anhand von einem Kriterien-Pool des Kultusministeriums für eine sichere, selbstständige und klimafreundliche Radmobilität engagieren. Wenn sie diese umsetzen, können sie das Zertifikat „Fahrradfreundliche Schule“ erhalten. 
  3. STADTRADELN für Schulen

    Den 21-tägigen Wettbewerb, bei dem möglichst viele Streckenkilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt werden sollen, auch an Schulen durchzuführen, kann Schülerinnen und Schüler spielerisch zum Fahrradfahren motivieren. 
  4. Radfahrausbildung

    Eine Radfahrausbildung ist in der vierten Klasse an Grundschulen und der fünften Klasse in den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren mit Förderschwerpunkt Lernen eine verpflichtende schulische Veranstaltung. 

MOVERS zu Besuch in der ersten mitmachenden Schule
(c)Lukas Breusch/Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

MOVERS an zwei Schulen in der Gemeinde Malsch

In Malsch nehmen die Gemeinschaftsschule Hans-Thoma-Schule und die Johann-Peter-Hebel-Grundchule am Programm MOVERS teil. Sie haben begonnen, indem sie gemeinsam mit der Kommune am STADTRADELN teilgenommen haben. „Wir sind auf das Programm aufmerksam geworden, weil die Gemeindeverwaltung eine Rundmail an alle Dienststellen geschrieben hat, die zum STADTRADELN aufruft“, erzählt Sylvia Wenzel-Lück, Rektorin der Hans-Thoma-Schule. Der Schulleiterin geht es aber nicht nur darum, mehr Schülerinnen und Schüler dazu zu motivieren, den Schulweg nicht mit dem elterlichen Pkw zu bestreiten. „Ich möchte ganze Familien zum Radeln bewegen“, sagt Wenzel-Lück. „So können Kinder, Eltern, Großeltern, Tanten und Onkels etwas unternehmen und gemeinsam draußen sein.“ Das gemeinsame Fahrradfahren sei ihr auch deshalb wichtig, weil das Fahren allein für die jüngeren Schülerinnen und Schüler noch nicht immer sicher sei. „Aus meiner Sicht sollten Grundschülerinnen und -schüler noch nicht allein mit dem Fahrrad zur Schule kommen“, sagt sie. „Aber sie könnten ja auch von den Eltern mit dem Fahrrad statt dem Pkw gebracht werden.“ Derzeit kämen nicht allzu viele Schülerinnen und Schüler mit dem Fahrrad zur Schule. Die Elterntaxis seien phasenweise ein sehr großes Problem, wie an vielen anderen Schulen auch. „Aber viele Schülerinnen und Schüler kommen auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln“, erzählt sie.