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Start-ups: Hürden bei öffentlichen Aufträgen sollen fallen

Die öffentliche Verwaltung soll mehr Spielraum erhalten, wenn es darum geht, Aufträge an Start-ups zu vergeben. Die Ankündigung von Ministerpräsident Kretschmann lässt den Start-up-Verband aufhorchen. Aber auch für Gemeinden könnte die Neuregelung Potenzial haben.

Mehr Chancen für Start-ups und eine flexiblere Auftragsvergabe für Behörden: Eine Ankündigung von Ministerpräsident Kretschmann in der vergangenen Woche lässt aufhorchen. Gegenüber der Südwest Presse (Print) sagte der Ministerpräsident am Freitag, öffentliche Aufträge sollten künftig ohne Ausschreibung an junge und innovative Unternehmen – sprich an Start-ups – vergeben werden können, zumindest jedenfalls bis zu einem Auftragsvolumen von 100.000 Euro.

Kretschmann sagte der Zeitung, man wolle und müsse alle Wege öffnen, um Innovationen in die Verwaltung zu bringen. „Deshalb brauchen wir im öffentlichen Sektor effektive Hebel, um neue Ideen, die Lösungen für die Zukunft parat haben, schnell und effektiv zu fördern“, so Kretschmann. Auch wenn der Schritt spät kommt, ist er recht groß, denn bislang galt ein Limit von lediglich 5.000 Euro. Wann die neue Regelung in Kraft treten soll, ist bislang indes noch unklar.

Umfrage zeigt: Verwaltung und Start-ups fremdeln bislang

Die FDP im Landtag hatte bereits vor Jahren gefördert, Start-ups stärker in die Verwaltung mit einzubeziehen. Mit gutem Grund, denn auch wenn die baden-württembergische Wirtschaft stark ist, haben sich die großen Hotspots der Start-up-Welt längst anderswo etabliert. Insgesamt fremdeln Start-ups und öffentliche Verwaltung ohnehin, wie eine im vergangenen September veröffentlichte Umfrage des baden-württembergischen Innovationslabors Innolab gezeigt hat.  

Besonders spannend: Die befragten Start-ups hatten als einen der Hauptgründe für das ungenutzte Potenzial die Kriterien bei öffentlichen Ausschreibungen angeführt. So schrieben die Autorinnen und Autoren der Studie, dass die Leistungsverzeichnisse oft auf größere Software-Firmen zugeschnitten seien. Start-ups zögen den Kürzeren, zumal ihnen die personellen Kräfte fehlen, um sich auf öffentliche Aufträge zu bewerben. Das könnte sich ändern, je nachdem, wie gut oder schlecht das neue Verfahren designt ist.

Viele Start-ups zählen Kommunen zu ihren Hauptkunden

Auch für Kommunen könnte die Neuregelung Vorteile mit sich bringen, weil sie einerseits auch größere Aufträge unkompliziert vergeben, andererseits die lokale und regionale Wirtschaft unkompliziert fördern könnten. Wichtig sind die Gemeinden und die Landkreise für die Start-ups bereits heute. Wie die Umfrage zeigte, sagten 52 Prozent der befragten Start-ups, dass Städte, Gemeinden und Landkreise zu ihren Hauptkunden gehörten. Zum Vergleich: Nur 14 Prozent nannten die Länder, nur zwölf Prozent den Bund.

Doch was halten die Start-ups selbst von dem Vorstoß der Landesregierung? „Im Besten Fall entsteht eine Win-Win-Win-Situation: Start-ups erschließen sich durch die öffentliche Hand einen riesigen Markt. Kommunen, Behörden und Verwaltung erhalten Zugang zu neuen, innovativen Dienstleistern. Und die Bürgerinnen und Bürger im Land profitieren von besserer Infrastruktur und Dienstleistungen“, sagt Adrian Thoma, Landessprecher des Start-up-Verbands Baden-Württemberg, gegenüber die:gemeinde.

Start-up-Verband: Werden Pilotprojekt kritisch begleiten

Der Verband begrüße das „mutige Pilotprojekt“ ausdrücklich, so Thoma weiter. Gleichzeitig werde man kritisch auf eine praktikable und möglichst barrierefreie Umsetzung achten. Auf diese werde es ankommen, wenn es um die Frage gehe, ob die Neuregelung ein „Killer-Feature“ oder ein Ladenhüter werde, so der Sprecher.