Bundesregierung will Wohnungsbau mit neuem Maßnahmenpaket ankurbeln
© Adobe Stock

Mit diesen Maßnahmen soll der Wohnungsbau angekurbelt werden

Um das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr erreichen zu können, hat die Bundesregierung ein neues Maßnahmenpaket vorgelegt. So soll es trotz steigender Zinsen und Fachkräftemangel funktionieren.

In Baden-Württemberg wurden im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 19.568 Wohnungen in Wohn- und Nichtwohngebäuden genehmigt, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Das entsprach einem Rückgang von 21 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum im Jahr 2022. Deutschlandweit sieht die Entwicklung noch etwas schlechter aus: Im ersten Halbjahr 2023 sind in Deutschland rund 156.200 Baubewilligungen erteilt worden - das sind rund 28 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum im Vorjahr. Das zeigt: Das Ziel der Bundesregierung, 400.000 Wohnungen pro Jahr zu bauen, liegt aktuell in weiter Ferne. Beim Treffen des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ mit Bundeskanzler Olaf Scholz legte die Bundesregierung deshalb ein Maßnahmenpaket vor.

Diese Maßnahmen sollen den Wohnungsbau ankurbeln:

- Mehr Geld für Familien mit Kindern

Bei der Wohneigentumsförderung für Familien werden die Einkommensgrenze einer Familie mit einem Kind von 60.000 auf 90.000 Euro erhöht. Je weiterem Kind können 10.000 Euro hinzukommen.

- Unterstützung für die Sanierung von Bestandsimmobilien

In den kommenden beiden Jahren wird der Bund ein Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden auflegen, verbunden mit einer an den BEG-Regeln orientierten Sanierungsauflage. Das Programm wird über die KfW abgewickelt. Der zusätzliche Finanzierungsbedarf bis 2027 an Programmmitteln soll analog der schon bestehenden Förderung des "Klimafreundlichen Neubaus/ Wohneigentum für Familien" (WEF) aus dem Klima- und Transformationsfonds bereitgestellt werden.

- Neue Förderung für den Umbau von Leerständen

Der Umbau von leerstehenden Büros und Läden zu neuen Wohnungen soll in den kommenden beiden Jahren mit 480 Millionen Euro unterstützt werden. Das Geld soll aus dem Klima- und Transformationsfonds kommen.

- Wohngemeinnützigkeit

Dauerhaft bezahlbarer Wohnraum soll durch die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit ab kommendem Jahr geschaffen werden. So soll mit einem neuen Marktsegment dauerhafte Sozialbindung im Neubau wie im Bestand geschaffen werden. Die Bundesregierung strebt dazu Investitionszuschüsse und Steuervorteile an.

- Kommunen sollen einfacher und schneller planen können

Das Baugesetzbuch wird angepasst und soll durch eine Sonderreglung Städten und Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten bis Ende 2026 ermöglichen, den Bau von bezahlbarem Wohnraum einfacher und beschleunigt zu planen. Dazu wird eine an die Generalklausel des § 246 Absatz 14 Baugesetzbuch (BauGB) angelehnte Sonderregelung befristet bis zum 31. Dezember 2026 geschaffen. Eine entsprechende Änderung des BauGB werde noch in diesem Jahr vorgelegt.

- KfW-Förderprogramm soll klimafreundlichen Umbau unterstützen und Leerstand verringern

Für Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Investorinnen und Investoren, die für geeignete Gewerbeimmobilien nach den BEG-Förderbedingungen eine Förderung aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) in Anspruch nehmen können und sie dabei zugleich zu Wohnraum umbauen, wird 2024 und 2025 ein zusätzliches KfW-Förderprogramm von insgesamt 480 Millionen Euro aufgelegt. Durch zinsverbilligte Kredite sollen damit der klimafreundliche Umbau gefördert und Leerstand beseitigt werden. Die Finanzierung soll ebenfalls aus den Mitteln des KTF bereitgestellt werden.

- 45 Milliarden Euro bis 2027 für den sozialen Wohnungsbau

Die Bundesregierung hat vorgeschlagen, den Ländern in den Jahren 2022 bis 2027 Programmmittel in Höhe von gut 18 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Jeder Euro des Bundes wird aktuell durch rund 1,50 Euro der Länder kofinanziert. Bei Fortführung dieser bisherigen Komplementär-Finanzierung stünden damit rund 45 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bis 2027 zur Verfügung.

- Vergünstigte Abgabe BImA-eigener Grundstücke verlängert

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) wird die bislang bis Ende 2024 befristete Möglichkeit zur vergünstigten Abgabe BImA-eigener Grundstücke für öffentliche Aufgaben sowie den sozialen Wohnungsbau um weitere fünf Jahre fortführen. Sie schafft damit Anreize zur Entwicklung von Bauland durch die Kommunen. Wegen der konjunkturellen Entwicklung auf dem Grundstücksmarkt und der gestiegenen Baukosten bestünde eine weitere Option darin, den Verbilligungsbetrag von bis zu 25.000 Euro pro neu geschaffener Sozialwohnung spürbar um 40 Prozent auf 35.000 Euro pro Sozialwohnung anzuheben und zusätzlich das Verbilligungsvolumen für sonstige öffentliche Zwecke um zehn Millionen Euro pro Jahr zu erhöhen.

- „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“

Die Geschwindigkeit soll weiter erhöht, Aktenberge in den Bauämtern reduziert werden. Mit den 16 Ländern will die Bundesregierung noch in diesem Jahr einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ abschließen.

- Bundesweite Gültigkeit von Typengenehmigungen

Einmal bereits in einem Land erteilte Typengenehmigungen für das serielle und modulare Bauen bekommen bundesweit Gültigkeit und werden uneingeschränkt gegenseitig anerkannt.

- Bundeseinheitliche Genehmigungsfiktion von drei Monaten

Die Dauer aller Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau wird zeitlich begrenzt. Es wird befristet bis 2026 in allen Landesbauordnungen eine bundesweit einheitliche Genehmigungsfiktion von drei Monaten eingeführt.

- Genehmigungsfreie Nutzung von Dachgeschossen

Nutzungsänderungen von Dachgeschossen zu Wohnzwecken einschließlich des Baus von Dachgauben werden zukünftig unter bestimmten Bedingungen in allen Landesbauordnungen genehmigungsfrei sein.

- Einheitliche Kfz-Stellplatzanforderungen

Regelungen zu Kfz-Stellplatzanforderungen werden in allen Landesbauordnungen vereinheitlicht, verbunden mit dem Ziel, dass die Kfz-Stellplatzpflicht bei Aufstockungen und Ergänzungen im Wohnungsbestand entfällt.

- Degressive Abschreibung für neu errichtete Wohngebäude

Die Bundesregierung hat im Rahmen des Wachstumschancengesetzes vorgeschlagen, eine degressive AfA in Höhe von jährlich sechs Prozent für neu errichtete Wohngebäude einzuführen. Die degressive Abschreibung fördert die schnellere Refinanzierung von getätigten Investitionen. Sie schafft über diesen Mechanismus Investitionsanreize, die zur Stabilisierung der Bauwirtschaft beitragen können. Die Regelung sieht keine Baukostenobergrenzen vor. Es kann ab einem Effizienzstandard von EH 55 gebaut werden. Die degressive AfA wird für Gebäude gelten, die Wohnzwecken dienen und mit deren Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wird. Erstmals soll nicht der Bauantrag entscheidendes Kriterium für die Gewährung der degressiven AfA sein, sondern der angezeigte Baubeginn. Die degressive AfA ergänzt die Erhöhung der linearen AfA von zwei auf drei Prozent und die Sonder-AfA für besonders klimafreundlichen Mietwohnungsneubau, die bereits hilfreich waren.

Den kompletten Maßnahmenkatalog finden Sie hier

Kommunen verlangen bessere Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau

Die kommunalen Spitzenverbände fordern von Bund und Ländern anlässlich des Treffens des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“, bessere Rahmenbedingungen für die Kommunen zu schaffen. „Dazu müssen die bisherigen Vorschläge des Bündnisses sowie die Maßnahmen aus dem ,Deutschland-Pakt', die auf Beschleunigung abzielen, schnellstmöglich umgesetzt werden. Wir unterstützen eine Digitalisierung der Prozesse und einen Bürokratieabbau. Damit ist es jedoch noch nicht getan; wir brauchen echte Aufgabenkritik und den Abbau von Luxus-Standards“, betonten die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände in einer gemeinsamen Erklärung. Eine große Chance könne die anstehende Novelle des Baugesetzbuches bieten: „Wir müssen die bereits erprobte Innenentwicklungsmaßnahme besser nutzen können. Auch müssen die Kommunen das Vorkaufsrecht umfassender und leichter ausüben können. Schließlich gilt es aber insgesamt, dem Wohnungsbau mit finanziellen Mitteln wieder Schwung zu geben. Bauwillige, die günstigen Wohnraum schaffen, brauchen deutlich mehr Mittel von Bund und Ländern für den sozialen Wohnungsbau. Dazu gehören auch gezielte Investitionszuschüsse für Wohnungsbauträger, die Sozialwohnungen errichten, und nicht nur steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten mit der Gießkanne", forderten Oberbürgermeister Burkhard Jung, Vizepräsident des Deutschen Städtetages, Landrat Stephan Loge vom Deutschen Landkreistag und Bürgermeister Ralph Spiegler, der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes. Zudem seien vor allem die Länder gefordert, den Bestandsschutz zu erweitern und damit das Umnutzen von Büros und Gewerbe in Wohnraum zu vereinfachen, damit bestehende Gebäude in den Kommunen den neuen Bedürfnissen entsprechend genutzt werden können.

Baugenehmigungen brechen deutlich ein

Die Städte, Landkreise und Gemeinden tun laut der kommunalen Vertreter alles dafür, was sie können. „Die Kommunen genehmigen immer zügiger Bauprojekte und unterstützen Projektentwickler für wichtige Vorhaben. Sie stellen für Investoren Bauland bereit, verdichten in Innenbereichen nach, ertüchtigen Leerstände, unterstützen die Gebäude-Umnutzung und den Umbau und entwickeln Baulandmodelle zur sozialgerechten Bodennutzung. Sie verabreden Sozialbindungen, setzen mit kommunalen Wohnungsunternehmen strategische Ziele und unterstützen Genossenschaften. Allerdings bremsen steigende Baukosten, Inflation und Zinsanstieg sowie der Fachkräftemangel den Wohnungsbau massiv aus“, so die kommunalen Vertreter. Doch: „Die Zahl der Baugenehmigungen bricht deutlich ein. Projektentwickler ziehen ihre Anfragen zurück. Immer mehr Wohnungsbauprojekte verschwinden in der Schublade, weil Bauträger auf bessere Zeiten hoffen. Auch stellt die Flüchtlingsunterbringung die Kommunen weiterhin vor große Herausforderungen. Diese Bedingungen können die Kommunen kaum verändern", betonten sie.