Gemeindetag fordert Apothekenreform
Die Zahl der Apotheken in Baden-Württemberg sinkt kontinuierlich. Gab es vor zehn Jahren noch 2.636 Apotheken, sind zehn Jahre später nur noch 2.211 in Betrieb. Das entspricht einem Rückgang von gut 16 Prozent innerhalb eines Jahrzehnts. Allein im vergangenen Jahr wurden 88 Apotheken dauerhaft geschlossen. Die Gründe für den Niedergang sind komplex, häufig finden Apothekerinnen und Apotheker aber schlicht keine Nachfolger für ihr Geschäft. Ein Stadt-Land-Gefälle wie bei den Hausärzten gibt es indes nicht: Vom Rückgang sind Ballungsgebiete wie der Ländliche Raum genauso betroffen, und Neugründungen finden weder hüben noch drüben statt.
„Die Kurve sollte uns Sorgen machen“, sagte Martin Braun, Präsident der Landesapothekerkammer, vergangene Woche bei einer Anhörung zum Thema im Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration im Landtag. Im Schwarzwald-Baar-Kreis sank die Versorgung seinen Unterlagen zufolge zwischen 2007 und 2024 um mehr als 30 Prozent von 56 auf 39 Apotheken. In der Landeshauptstadt Stuttgart war der Rückgang sogar noch drastischer: Hier ging der Bestand im selben Zeitraum von 160 auf 105 Apotheken zurück.
Patrick Holl: Auf Bedürfnisse von Apothekern und Kunden hören
Braun wies darauf hin, dass das E-Rezept nur die Art der Verschreibung ändere. Die Apotheke vor Ort sei weiterhin eine wichtige und unabdingbare Schnittstelle zwischen Arzt und Patienten. Vor allem sei eine „Apotheke ohne Apotheker“ kein Ersatz für richtige Apotheken. Nur studierte Apothekerinnen und Apotheker hätten die Möglichkeit der evidenzbasierten Beratung, die für das Medikationsmanagement elementar sei. In ein ferngesteuertes Flugzeug würden vermutlich auch die wenigsten einsteigen, argumentierte Braun.
Patrick Holl, Erster Beigeordneter des Gemeindetags, nahm im Landtag ebenfalls Stellung zur Sache. „Nach unserem Dafürhalten ist eine Apothekenreform notwendig. Jedoch muss mehr auf die Bedürfnisse der Apotheker und auch der Kunden eingegangen werden. Telemedizin, Fortschritt durch Digitalisierung und Erweiterung von Aufgaben und Kompetenzen sind nur möglich, wenn eine finanzielle und qualitativ hochwertige Ausstattung gesichert ist.“ Holl weiter: „Die Förderung von Kooperationsmöglichkeiten und Synergieeffekten mit anderen Apotheken, aber auch mit anderen Akteuren anderer Gesundheitsberufe (Hausärzte, Pflegekräfte) zur Verbesserung der interprofessionellen Zusammenarbeit sind hier viel stärker in Blick zu nehmen. An Kernkompetenzen und Qualifikationsansprüchen darf jedenfalls nicht gerüttelt werden. Die Wertschätzung und das Vertrauen in den Beruf des Apothekers muss gestärkt werden und sich deutlich aus den Reformvorschlägen herauslesen lassen.“