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„Es ist wichtig, jetzt Haltung zu zeigen“

Die Bruchsaler Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick ist zu den Grünen gewechselt. Die Gründe dafür haben eine politische und eine persönliche Dimension. Was sie konkret dazu bewogen hat und wie sich das Programm ihrer Partei mit den Vorhaben auf Petzold-Schicks Agenda für Bruchsal deckt, erklärt sie im Interview mit die:gemeinde

die:gemeinde:
Frau Petzold-Schick, welche Reaktionen hat es bislang auf ihre Entscheidung gegeben, den Grünen beizutreten?

Cornelia Petzold-Schick:
Ich habe die Entscheidung am Donnerstag öffentlich gemacht und war seither viel unterwegs, da war bislang gar nicht so viel Raum für Reaktionen. Ein paar gab es aber doch. Ich habe viele Mails von Bürgerinnen und Bürgern bekommen, die mir Respekt gezollt haben, unabhängig davon, ob sie die Grünen wählen oder nicht. Es gab auch einige wenige sehr negative Mails, in denen Grünen-Bashing betrieben wurde. Auch die Fraktionen haben reagiert. Mit Ausnahme der AfD werten sie es als persönliche Entscheidung, die respektiert werden sollte.

die:gemeinde:
Gab es einen konkreten Anlass für diesen Schritt oder hat sich die Entscheidung über einen längeren Zeitraum angebahnt?

Petzold-Schick:
Die Entscheidung hatte einen langen Vorlauf. Ich habe immer argumentiert, dass der Erfolg auf kommunaler Ebene sich dann einstellt, wenn Entscheidungen im Konsens getroffen werden, oder dass sie zumindest von einer breiten Mehrheit getragen werden sollten. Denn nur dann sind sie nachhaltig. Aber es hat auf Bundes- und Landesebene auch politische Entwicklungen gegeben, die mich zu dem Schritt veranlasst haben. Die hohen Umfragewerte für die AfD zum Beispiel, aber auch die „Montagstrommler“ hier in Bruchsal, die grundsätzlich gegen alles sind. Vor diesem Hintergrund fand ich es wichtig, mich zu positionieren und eine Haltung offiziell zu machen, die ich schon seit langer Zeit vertrete.  Darüber hinaus gibt es die persönliche Ebene. Es gab interessante Anfragen der Grünen, für sie bei Wahlen anzutreten. Konkret ging es um die Landratswahl im Landkreis Rastatt, zum anderen um die Oberbürgermeisterwahl in Mannheim. Diese Anfragen habe ich jeweils abgelehnt und gesagt, dass ich weiter zu Bruchsal stehe. Trotzdem haben sie mich veranlasst, über einen Parteieintritt nachzudenken.

die:gemeinde:  
Sie sind bei der Wahl zur Oberbürgermeisterin als parteilose Kandidatin angetreten. Ist es nicht ein Problem, jetzt zu einer Partei zu wechseln?

Petzold-Schick:
Es ist genau jetzt aus meiner Sicht wichtig, Haltung zu zeigen. Vor dem Hintergrund der allgemeinen politischen Entwicklungen und mit Blick auf die Kommunalwahlen will ich ganz deutlich sagen, wo ich stehe. Und deutlich sagen, dass bestimmte Entwicklungen nicht den Werten entsprechen, für die wir hier vor Ort stehen. Vor 14 Jahren, als ich erstmals als Oberbürgermeisterin angetreten bin, gab es so eine Situation schlicht noch nicht – da gab es keine 18 Prozent für die AfD.

die:gemeinde:
Schlagen sich diese Entwicklungen auch in der Kommunalpolitik vor Ort nieder?

Petzold-Schick:
Die Mitglieder des Gemeinderats diskutierten die Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln, lassen sich aber nicht dazu verleiten, einseitige populistische Anträge zu stellen. Da stehen wir in Bruchsal stabil da. Allerdings gibt es seit Monaten wöchentliche montags Demonstrationen mit Trommlern, die im Grunde gegen alles sind. Wenn die Leute frustriert sind, muss man das respektieren. Aber wer wirklich an Lösungen interessiert ist, muss sich auch ein wenig engagieren.

die:gemeinde:
Welche kommunalpolitischen Themen, die Sie vorantreiben wollen, harmonieren denn besonders mit dem Parteiprogramm der Grünen?

Petzold-Schick:
Wir haben in Bruchsal die erste Wärmeleitplanung auf den Weg gebracht, lange bevor das auf Bundes- und Landesebene ein Thema war, und auch das erste Viertel erschlossen. Meine Mission ist es, zusammen mit den Menschen vor Ort Dinge so umsetzen, dass sie als Chance wahrgenommen werden und nicht als Einschränkung oder Verbot. Nur so können wir Gesetze, die auf Bundes- und Landesebene beschlossen werden, erfolgreich operationalisieren. Das ist eine Stärke von uns Schultes, und auch von mir vor Ort in Bruchsal.

die:gemeinde:  
Welche Themen sehen Sie da konkret?

Petzold-Schick:
Wie erwähnt ist die Wärmeleitplanung ein großes Thema. Konkret gibt es ein Großprojekt, bei dem es darum geht, die Geothermie ins Wärmenetz einzuspeisen und den Menschen zu vermitteln, warum Geothermie das neue „Energiegold“ ist. Ein weiteres Projekt ist E-Carsharing. Wir haben die größte Flotte im Land, in der Region fast 100 Ladesäulen. Das ist gut, weil Bürgerinnen und Bürger so niederschwellig mit dem Thema in Kontakt kommen.